Wer eine Klasse wirklich führen will, kommt nicht umhin, sich mit Begriffen wie Macht, Autorität und Disziplin auseinanderzusetzen. Auf entsprechende Fragen gab man auch in Lausen vor 100 Jahren vermutlich andere Antworten als heute...
„Disziplin“ interpretieren wir als die Bereitschaft und Fähigkeit, die für die konstruktive Gestaltung eines Gemeinschaftswesens notwendigen Regeln zu akzeptieren und zu befolgen. Die Schule hat primär einen Lehrauftrag und ist allen Kindern gleichermassen verpflichtet. Damit sie ihre entsprechenden Ziele erreichen kann, muss sie in diesem Sinne Disziplin voraussetzen können oder gegebenenfalls erzieherisch bewirken.
Kinder haben ein Recht darauf, Grenzen auszuloten und sie dabei ggf. auch zu überschreiten. Sie haben aber auch ein Recht darauf, dass das Umfeld (hier die Schule) steuernd darauf reagiert und diese Grenzen eben definiert. Dabei bleibt es immer eine Herausforderung, allgemein gültige Vorgaben mit den individuellen Voraussetzungen und Möglichkeiten abzugleichen. Es ist uns aber immer ein Anliegen, eine von Respekt, Wohlwollen und Verhältnismässigkeit geprägte Fehlerkultur zu ermöglichen, in der parallel zur Präventionsarbeit konsequent und pädagogisch sinnvoll auf Grenzüberschreitungen reagiert wird.
Der Disziplinplan soll als Teil des Schulprogramms (Punkt 1.3) unsere gemeinsamen Haltungen abbilden und Verfahrenswege klären. Nachfolgend Auszüge daraus..
Prävention vor Repression...
Der Disziplinplan soll ...
Nicht jedes Fehlverhalten eines Kindes darf als disziplinarisches Problem gewertet werden. Im Gegenteil; das Überschreiten von Grenzen und die Erfahrungen mit der Reaktion der Umwelt ist ein wichtiger Teil der kindlichen Entwicklung. So sollte auch bei den Lehrkräften eine Art professionelle Gelassenheit dazu führen, den Kindern in einem klar abgesteckten Rahmen diese Freiheit zu gewähren und weder beim Kind noch bei sich selber eine unnötige Belastung durch ein übersensibles „Protokoll- resp. Fichendenken“ hervorzurufen. In den allermeisten Fällen kann ein „Problem“ durch die konsequente und liebevolle Erziehungsarbeit der Lehrkraft (ggf. zusammen mit den Eltern) gelöst werden. Allerdings sollten die oben genannten Voraussetzungen dafür weitgehend gegeben sein, wobei hier die Persönlichkeitsstruktur und der Unterrichtsstil der Lehrperson als auch das Klassenprofil eine Rolle spielen können (siehe Integrationskonzept: „Definition des Klassenspektrums“).
Zum Disziplinarproblem kann ein Fehlverhalten dann werden, wenn...
Als Disziplinarprobleme bezeichnen wir demnach zum Beispiel ..
Sanktionen werden von SchülerInnen oft als ungerecht empfunden und provozieren Widerstand. Gemäss dem Leitbild der Schule Lausen muss besonderer Wert auf die Kommunikation mit den SchülerInnen und Eltern, später allenfalls auch mit Schulleitung und Schulrat gelegt werden. Dabei soll primär das Erkennen des eigenen Fehlverhaltens und die Frage nach den Ursachen im Vordergrund stehen. Erst bei fortwährender Nichtbeachtung der sozialen Regeln sollten einschneidendere Sanktionen gemäss möglichst einheitlicher Kriterien des Disziplinplans ergriffen werden. Dabei gilt es aber zu beachten, dass sich bezüglich scheinbar kleinerer, aber andauernder Auffälligkeiten nicht ein „Gewöhnungseffekt“ einstellt. Diese können in der Summe durchaus zu einer Belastung für Klasse und Lehrkraft führen. Hier gilt es ganz besonders, durch die Formulierung konkreter Zielsetzungen in Verbindung mit realistischen Zeitvorgaben, ein Verschleppen und eine spätere Eskalation zu vermeiden.
Verantwortlich für die Erziehung der Kinder ist grundsätzlich das Elternhaus (vgl. §2 BG); im schulischen Rahmen sollte dabei Unterstützung angeboten werden und die Möglichkeit bestehen, hier auch erzieherisch auf die Kinder einzuwirken. Allerdings sind für die Erhaltung einer zielorientierten Ordnung im grösseren Klassen- resp. Schulverband andere Umstände und Anforderungen zu beachten, als dies im Familienrahmen gegeben ist. Deshalb ist die Schule auch unbedingt auf die Unterstützung der Eltern angewiesen. Unsere Gesellschaft ist zunehmend geprägt von unterschiedlichen Sozialisierungs- und Erziehungsmustern, und dieser Wertepluralismus kann in der Begegnung mit den Ansprüchen der Schule zu Spannungen und Konflikten führen. Diese gilt es durch die Schule professionell aufzufangen und anhand transparenter und verbindlicher Rahmenbedingungen auszutragen und zu moderieren.
Ohne die Unterstützung der Eltern kann aber eine Verhaltensänderung oft nur sehr schwer erreicht werden. Deshalb ist es wichtig, die Eltern über Auffälligkeiten ihres Kindes noch vor einer allfälligen Eskalation zu informieren, gemeinsam nach Ursachen und möglichen Steuermassnahmen zu suchen und sie in die entsprechende Verantwortung mit einzubeziehen (ggf. mit Hinweis auf den Disziplinplan).
Sollte es aufgrund konfliktträchtiger Meinungsunterschiede oder aufgrund einer Überforderung des/der Erziehungsberechtigten nicht möglich sein, an „einem Strang zu ziehen“, ist externe Hilfe beizuziehen (Moderation durch Schulleitung, Miteinbezug Sozialdienst etc.).
Wenn eskalierende Auffälligkeiten Einzelner Grund zur Annahme bieten, dass sich andere Elternteile dadurch betroffen oder beeinträchtigt fühlen, ist mit der gebotenen Vorsicht der Miteinbezug oder die Information der anderen Eltern einer Klasse zu prüfen (idealerweise nach Absprache mit der Schulleitung).
Disziplinprobleme haben meist eine Vorgeschichte. Zur Würdigung derselben sollen Verstösse auffälliger SchülerInnen, die getroffenen Massnahmen und deren Resultate schriftlich festgehalten werden. So können sich Dritte, die allenfalls bei lange andauernden Problemen hinzugezogen werden, umfassend und objektiv über das Vorgeschehen informieren. Vor der Verhängung von schwerwiegenden Massnahmen, muss sich die beschliessende Instanz überzeugen können, dass zuvor alle anderen Mittel ausgeschöpft wurden. Andernfalls sollte sie sich vermittelnd in den Disziplinarprozess einschalten können.
Die standardisierte Erfassung von andauernden Disziplinproblemen soll keinen bedrohlichen oder geheimen „Fichencharakter“ haben. Vielmehr soll sie der Lehrkraft als Wegleitung für ihr weiteres Verhalten dienen, bei längeren Prozessen eine Entwicklung dokumentieren und eine gemeinsame „unité de doctrine“ der Schule Lausen fördern. Die Eltern müssen stets über alle Massnahmen informiert sein.
Wesentlich ist eine frühzeitige Erfassung von auffälligem Verhalten. Die Schulleitung als nächste Instanz wird bei informeller Berichterstattung nur kollegial beraten; handeln kann sie erst bei einer formellen Ansprache und aufgrund klarer, schriftlicher Dokumentation des bisher Geschehenen.
Sanktionen/Massnahmen sind unmittelbar, situationsgerecht und unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit zu verhängen. Vor allem bei kleineren Regelverletzungen sollten sie berechenbar sein; d.h. sie nehmen konsequenterweise Bezug zum Versäumnis oder der Regelverletzung und haben einen „Wiedergutmachungseffekt“. (Nacharbeiten in der Schule oder zu Hause, Seite schreiben nach mehrmaligem Vergessen der Hausaufgaben, Entschuldigung schreiben etc.) Bonus-Malus-Systeme (Strichli, Tränli und Sünneli etc.) können dies unterstützen und erübrigen in ihrer Geradlinigkeit emotionale Nebentöne beim Verhängen einer entsprechenden Strafe. Dabei ist aber darauf zu achten, dass der Schulalltag nicht durch kleinliche Fehler-Buchhaltung allzu sehr belastet wird. Je nach Situation ist es angebracht, die Eltern zu informieren (unbedingt bei Arreststrafen) oder deren Kenntnisnahme per Unterschrift bestätigen zu lassen. Kollektivstrafen sind i.d.R. zu vermeiden. Verhaltensunauffällige SchülerInnen sollen nur sehr zurückhaltend zur Disziplinierung von auffälligen SchulkameradInnen herangezogen werden.
Vor allem ab Stufe Schulleitung resp. Schulrat richten sich gewisse Sanktionen/Massnahmen (z.B. Bussenverfügung bei Verletzung der Schulpflicht) nicht unmittelbar gegen den/die SchülerIn, sondern vielmehr gegen die Erziehungsberechtigten. Es ist daher auf jeder Stufe zu prüfen, wer effektiv für ein Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen werden muss.
Bei massiveren oder wiederkehrenden Grenzüberschreitungen kann vom Schulrat auf Antrag der Schulleitung der mehrwöchige Besuch des "Time-Outs" in Münchenstein verfügt werden.
Eltern
Erste Anlaufstelle bei sich abzeichnenden Disziplinproblemen sind grundsätzlich die Eltern.
Lehrerkollegium
Lehrkräfte sind mit ihren Disziplinproblemen nicht alleine. Der regelmässige Austausch darüber und die Inanspruchnahme von Rat und Hilfe im Rahmen des Klassen-Teams, der FQS-Gruppe, der Stufen-Sitzungen und offenen Gefässen wie Intervisionsgruppen ist unter Berücksichtigung der Datenschutz-Vorgaben zu pflegen. Speziell erwähnt sei hier auch die Zusammenarbeit zwischen Klassen- und Fach- resp. Teilpensenlehrpersonen, die in der gleichen Klasse unterrichten.
Schulleitung
Das Schulleitungsteam berät bei schwierigen Disziplinfällen bevor Entscheide gefällt, Sanktionen ausgesprochen oder weitere Schritte im Disziplinplan unternommen werden. Bei formeller Ansprache unter Vorlage von Dokumentationen wird sie im Rahmen des Disziplinplans aktiv (Moderation, Verwarnung, Sanktionen).
Schulsozialarbeit Lausen (SSAL)
Die Schulsozialarbeit bietet sich auch bei disziplinarischen Problemen für Beratung und Unterstützung aller Beteiligten an. Die SSAL bringt sich präventiv und ggf. auch intervenierend ein; ein frühzeitiger Einbezug soll Eskalation verhindern. Der/die Sozialarbeitende ist nicht der Schulleitung unterstellt und strebt ein grösstmögliches Mass an Vertraulichkeit und Unabhängigkeit an.
Schulpsychologischer Dienst / KJP
Als externe, schulnahe Hilfestellen bieten sich der "Schulpsychologische Dienst SPD" und die "Kinder- und Jugendpsychiatrie KJP" an, wobei die Inanspruchnahme dieser Dienste die Einwilligung der Eltern voraussetzt. Während sich der KJP bei Problemen der Persönlichkeit und des familiären Umfeldes anbietet, ist der SPD eher auf schulspezifische Fragestellungen spezialisiert.